Zwei Stunden in Wieselburg

by Jessica Bannister-Pearce

Ich mag Überraschungen, und heute befinde ich mich unerwartet etwa 60 km von Wien entfernt auf einer Kurztour durch Wieselburg. Ich bin nur zwei kurze Stunden hier, also habe ich viel zu tun. Schon die Anreise ist ein Erlebnis. Die Reise beginnt mit einer kurzen 5-Minuten-Fahrt zum Wiener Hauptbahnhof mit einem der alten einmotorigen Marchegg-Dieseltriebwagen. Die sind so retro, dass ich sie liebe. Von der alten wartet es 25 Minuten, bis ich einen modernen Railjet nach München besteige. Ich fahre nicht nach München, sondern steige in St. Pölten aus, einem persönlichen Lieblingsort von mir, der in Zukunft einer eigenen Wanderung unterzogen werden soll. In St. Pölten überquere ich den Bahnsteig für den Zug nach Amstetten. Hier geht es ganz altmodisch zu, komplett mit eigenem Abteil. 25 Minuten später steige ich in Pöchlarn in meinen letzten Zug, die Regionalbahn nach Sriebbs mit Halt in Wieselburg/Erlauf. Zu meiner Überraschung sitze ich wieder in dem alten Diesel, mit dem ich die Reise begonnen habe. Die letzte Etappe wird ausgesprochen idyllisch und ländlich und erinnert mich sehr an die alten Valleys-Linien in Wales. Gerade mal eine Stunde vierzig, seit ich in den ersten Zug gestiegen bin, bin ich hier. Los geht's.

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Wieselburg ist vor allem für eines berühmt: das geniale Wieselburger Bier. Auf dem Weg in den Bahnhof komme ich an der Brauerei vorbei, und es ist ein großer Betrieb. Wir haben aber keine Zeit zu verlieren, denn die Uhr tickt. Heute probiere ich etwas Neues aus. Die DSLR, die mich auf diesen Reisen begleitet, hat einen Tag frei. Stattdessen habe ich eine recht moderne Kompaktkamera dabei. Die Kompaktkamera hat viele Vorteile. Zum einen kann sie leicht in meine Tasche schlüpfen. Außerdem hat sie eine viel höhere Pixelzahl als ihre große Schwester, die Nikon D70s. Mit 20 Millionen Pixeln sollte es mir gelingen, mehr Details einzufangen. Der andere Vorteil ist, dass die kompakte Nikon viel unauffälliger ist als die DSLR, was mir die Möglichkeit gibt, eine Schnappschussaufnahme zu machen. Ganz in Schwarz gekleidet bin ich normalerweise besonders auffällig, daher könnte die unauffälligere Kamera ein kleiner Bonus sein. Ich werde die Ergebnisse sehen, wenn ich nach Hause komme.

Vom Bahnhof aus folge ich den Schildern zum Stadtzentrum. Ich hatte wenig Zeit zum Planen, also helfen Schilder. Das Zentrum ist gar nicht so weit weg, nicht mehr als ein paar hundert Meter. Ein großes Einkaufszentrum empfängt mich. Das Einkaufszentrum heißt City Centre und enthält alle üblichen Verdächtigen. Als ich das Einkaufszentrum verlasse, sehe ich die Hauptstraße und das Rathaus. Das Rathaus hat eine fantastische Uhr aufgemalt. Die muss fotografiert werden, das ist sicher. Entlang der Straße entdecke ich eine einsame Soldatenstatue auf der anderen Straßenseite. Er ist im Gewand des Ersten Weltkriegs gekleidet. Wie ich schon früher bemerkt habe, vergisst man leicht, dass Österreich im Großen Krieg viele verloren hat. Jeder kämpft in dem Glauben, das Richtige für sein Land zu tun. Aber niemand gewinnt. Lustigerweise habe ich heute Morgen am Hauptbahnhof eine Werbung für ein Museum gesehen, auf der steht: "Kriege gehören ins Museum". Das ist nicht falsch.

Da die Zeit knapp ist, wähle ich einen Weg zu meiner Rechten und gehe in diese Richtung. Keine kluge Entscheidung, wie sich herausstellt. Der Weg führt mich in kürzester Zeit an den Rand von Wieselburg. Ups. Aber ich finde etwas Interessantes. Neben der Brauereistadt Wieselburg gibt es in Wieselburg auch einen landwirtschaftlichen Viehmarkt. Der Markt liegt am Rande der Stadt und ist beeindruckend modern. Dazu gesellt sich das Zentrum der Messe Wieselburg, in dem alle möglichen Konferenzen und Messen stattfinden.

Für mich ist die ganze Gegend interessant wegen der niedlichen Brücke, die über den Fluss führt. Es gibt Enten. Ich liebe Enten. Während ich die Enten fotografiere, spüre ich jedoch etwas zutiefst Unbekanntes. Regen. Es sind nur ein paar Stellen, aber ich bin nicht glücklich darüber.

Mit einem ziemlich eiligen Rückzug mache ich mich auf den Weg in die Stadt. Der strömende Regen hält sich vorerst zurück, aber ich fürchte, dass meine Zeit kürzer sein wird, als mir lieb ist. Hartnäckig fahre ich weiter und mit nur wenigen Stellen, die mir Probleme bereiten, biege ich links ab, wo ich rechts gewählt habe und finde einen herrlichen Blick über den Fluss.

Ein paar Schnappschüsse später steige ich einen Hügel hinauf zu der Kirche, die ich gerade auf einem Hügel entdeckt habe. Die Kirche ist alt, Tafeln aus dem Jahr 1700 zieren ihre Wände. Es gibt ein paar Gedenkstätten hier oben, zwei davon ein jüdisches Denkmal. Der Regen fängt an, stärker zu werden.

Ich gehe wieder bergab und entdecke auf der anderen Straßenseite ein paar coole Kunstwerke an der Wand eines Fleischers. Es ist ziemlich nettes Zeug, wenn man kein Schwein ist. Die Metzger haben sogar ein eigenes Café, um die Waren zu probieren.

Ich wende mich wieder dem Stadtzentrum zu, als die Regenflecken etwas häufiger werden. Entlang des Flusses ist die Aussicht unbestreitbar schön, trotz der verschiedenen Brücken. In einem Park entdecke ich ein paar Statuen, die geradezu um ein Foto betteln. Es ist das letzte Bild, das ich mache, als ein Regentropfen direkt auf die Linse fällt.

Es wird immer heftiger und aus dem pickenden Regen wird nun ganz normaler Regen. Es ist alles vorbei.

Meine zwei Stunden werden auf eine gekürzt und ich suche Unterschlupf im nächsten Cafe. Am Ende lande ich im Brauhaus Wieselburg. Zwei Wieselburger Biere helfen, meine Sorgen zu lindern, während draußen der Regen heftig fällt. Das Brauhaus ist umwerfend modern und ich bedauere das beschissene Spatensandwich, das ich im Zug gegessen habe.

Viel zu schnell wird es Zeit, den Heimweg anzutreten. Wieselburg ist ein schöner Ort und ich würde gerne wiederkommen und eine große DSLR mitbringen. Mit der Kompaktkamera habe ich nicht so viel Freude gehabt. Ich bevorzuge mein treues iPhone für die Schnappschüsse und die DSLR für die größeren Bilder. So gesehen werde ich wohl irgendwann wiederkommen.

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Nun, es wäre unhöflich gewesen, es nicht zu tun!

Anreise

Die Anreise nach Wieselburg ist von Wien aus gar nicht so einfach. Mit dem Zug nach Sankt Pölten, dann umsteigen auf die Linie nach Amstetten. Dieser bringt Sie nach Pochlarn, wo Sie umsteigen können, um Ihren letzten Anschluss nach Wieselburg zu erreichen. Die Fahrtzeit beträgt ca. 1 Stunde 35.

Weitere Lektüre

Wenn Sie mehr über Wieselburg erfahren möchten, finden Sie unter den folgenden Links weitere Informationen.

https://www.wieselburg.gv.at/

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